
UNICEF Foto des Jahres
Mit der Auszeichnung "UNICEF Foto des Jahres" prämiert UNICEF Deutschland seit dem Jahr 2000 Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Der international renommierte Wettbewerb richtet sich an professionelle Fotografen und -innen. Über die Preisvergabe entscheidet eine unabhängige Jury.
2023 gewinnt Patryk Jaracz den Wettbewerb. Das Siegerbild des polnischen Fotografen zeigt einen Moment der Unbeschwertheit unter den schwarzen Wolken des Krieges, auf einer Wiese im Nordwesten der Ukraine. Es symbolisiert das Licht der kindlichen Widerstandskraft und Freuden, das die Dunkelheit weltweiter Kriege, Konflikte und Katastrophen durchbricht.

Begleitet von Freundinnen übt die fünfjährige Alina das Fahrradfahren. Ein Moment der Unbeschwertheit unter den schwarzen Wolken des Unheils, irgendwo auf einer Wiese im Nordwesten der Ukraine. In der Nacht zuvor hat eine Drohne hier ein Öllager in Brand gesetzt. Nur ein Öllager in diesem Fall, kein Wohnhaus, kein Krankenhaus, keine Schule.
Nicht an jedem Tag und an jedem Ort seit dem Februar 2022 ist der Krieg in der großen Ukraine derart präsent, dass er kindliche Freuden, Bedürfnisse, Widerstandskräfte restlos vernichten könnte. Der polnische Fotograf Patryk Jaracz zeigt das in diesem Bild.

Den zweiten Platz belegt Oliver Weiken mit seinem Bild "Afghanistan - In den Löchern von Chinarak". Helme, Handschuhe, Schutzbrillen haben sie nicht, wenn sie hundert Meter und mehr in die Berge von Chinarak hineinkriechen. Messgeräte für giftige Gase gibt es nicht. Die Stützbalken in den Stollen sind provisorisch, die Luft ist stickig, der Boden tückisch. Und manche der Jungen, die für umgerechnet ein paar Euro am Tag Kohle aus dem Gebirge nördlich von Kabul fördern, sind gerade einmal zehn Jahre alt.
Kinderarbeit hat es in Afghanistan immer gegeben, doch seit dem Sieg der Taliban, seit dem Rückgang internationaler Hilfe, seit auch noch Missernten und Dürren über die Menschen gekommen sind, sehen sich immer mehr Familien gezwungen, schon ihre minderjährigen Söhne für das tägliche Brot schuften zu lassen.

Einst waren sie mit ihren Rentierherden allein in der Tundra und den Wäldern von Jakutien, im Nordosten Sibiriens. War Moskau ohne große Bedeutung für das indigene Volk der Ewenken. Dann kamen Geologen und Prospektoren auf der Suche nach Gold, Diamanten und anderen Bodenschätzen; schließlich die Holzfäller.
Das Leben der Ewenken wandelt sich seither. Aus vielen Nomaden sind Sesshafte geworden, industrielle Anlagen beschneiden die Wege der Rentiere, Missionare treten gegen den alten Naturglauben an. Das alles verändert auch die Kindheit in Jakutien.
Die in Russland geborene Fotografin Natalya Saprunova dokumentiert diesen Wandel und findet sich damit auf dem diesjährigen dritten Platz wieder.
Neben den drei ersten Plätzen erhalten jedes Jahr verschiedene Fotografinnen und Fotografen aufgrund ihrer dokumentarischen Leistung eine "Ehrenvolle Erwähnung":

Fabio Bucciarelli zeigt in seinen Bildern die Tapferkeit und Widerstandskräfte, aber auch die Ohnmacht von Kindern in der Ukraine, die an Knochen- oder Hirntumoren leiden. Es ist wie eine zweite Front: An ihr kämpfen jene Kinder, die von einer Krebskrankheit angegriffen werden. An vielen Orten sind Krankenhäuser zerstört, Versorgungsketten für medizinisches Equipment oder Medikamente unterbrochen und es fehlt an medizinischem Personal.

Im gebirgigen Südwesten des Iran gibt es ein Mädchen, das mit Büchern die Welt verändern will. Als ältestes von sechs Geschwistern versammelt Tayyiba Atun möglichst jeden Tag für einige Stunden die Jungen und Mädchen des Dorfes um sich, um ihnen vorzulesen. Die Gedanken der Kinder sollen über die Grenzen des Dorfes hinausfliegen. Fantasie soll über die engen Verhältnisse siegen. Miteinander reden sollen die Kinder, gemeinsame Pläne schmieden, eine Ahnung von der großen Welt jenseits der Berge bekommen und das Leben besser verstehen. Die iranische Fotografin Atefeh Alsadat Safavi Vanani hat die Lese-Aktivistin und ihr Publikum eine Zeit lang begleitet.

Manche von ihnen sind erst drei oder vier Jahre alt. Manche haben es zehn Kilometer bis zur nächsten Quelle. Sie graben Löcher in ausgetrocknete Flussbetten, bis sie auf ein wenig Grundwasser stoßen. Sie schleppen schwere Wasserkanister, während sie in der Schule sein oder spielen sollten. Der indische Fotograf Supratim Bhattacharjee weist in seinen Bildern auf ein Drama hin, von dem Millionen Jungen und Mädchen in Indien betroffen sind: auf den akuten Wassermangel in großen Teilen des Subkontinents. Nicht nur überhaupt an Wasser mangelt es vielerorts, sondern vor allem an sauberem Trinkwasser. Mit allen Konsequenzen für Hygiene und Gesundheit der Betroffenen, besonders Kinder leiden deshalb massenweise an Diarrhö.

Jahrzehnte hat der chinesische Staat die Ein-Kind-Politik propagiert, um Bevölkerungswachstum und Armut einzudämmen. Als klar wurde, dass dies zur Überalterung der Gesellschaft und zu Frauenmangel führt, weil vor allem weibliche Embryonen abgetrieben wurden, kam die Wende: Seit 2021 soll jedes Ehepaar möglichst drei Kinder haben. Speziell die neue chinesische Mittelklasse möchte aber gar nicht unbedingt mehr als ein Kind. Mindestens im urbanen Aufsteiger-Milieu sind dafür zwei Trends verantwortlich: die Priorisierung beruflicher Karrieren und hohe Kosten der Kinderbetreuung. Der in Hongkong geborene Fotograf Justin Jin dokumentiert diesen Wandel mit Fokus auf die Städte.

Wie es ist, den Boden unter den Füßen zu verlieren, erleben die Bewohner der Insel Nyangai vor der Küste des westafrikanischen Landes Sierra Leone von Jahr zu Jahr immer drastischer. 700 Meter lang war das Eiland noch vor zehn Jahren, nur noch 100 Meter haben Stürme und steigende Wassermassen davon übrig gelassen. So sind die Bilder des britischen Fotografen Tommy Trenchard Abschiedsbilder. Die verbliebenen Jungen und Mädchen werden die Insel mit ihren Eltern verlassen müssen. Bei jeder Flut waten sie durch kniehohes Wasser. Es sind Bilder eines anstehenden Heimatverlustes, der hier "nur" 400 Menschen bedroht, weltweit aber Millionen Opfer von Extremwettern und Klimawandel.

Der in Neuseeland geborene Fotograf Robin Hammond hat in fünf Bundesstaaten der USA Jugendliche porträtiert. Aus den Bildern spricht eine fundamentale Verunsicherung. Schätzungsweise ein Drittel der Teenager in den USA kämpft mit mentalen Problemen. Allein zwischen 2019 und 2021 hat sich die Zahl der Drogentoten unter Kindern zwischen zehn und 18 Jahren nach einer Statistik der US-Gesundheitsbehörde CDC mehr als verdoppelt. Eine nicht geringe Rolle für wachsende Angst und Beklemmung spielen dabei auch die Nachrichten von Gewalttaten an den Schulen. Viele Jugendliche werden zudem Opfer von verbaler Gewalt durch Gleichaltrige im Netz.

Diabetes Typ 1 – etwa 35.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leben mit dieser Autoimmun-Erkrankung, müssen ihren Blutzuckerwert permanent im Blick behalten. Der elfjährige Johannes teilt dieses Los. Immerhin hat ihm das eine ganz besondere Beziehung eingebracht: zu einer Labrador-Hündin. Und die wacht über ihn wie eine gute Krankenschwester. Die Fähigkeit mancher Hunde, vor Diabetes zu warnen, wird seit den 1990er Jahren wissenschaftlich beobachtet; seit 2007 werden solche Assistenzhunde auch in Deutschland ausgebildet. Um welch ungewöhnliche Mensch-Tier-Symbiose es hier geht, hat der deutsche Fotograf Michael Löwa festgehalten.