Bildung: Eine Hoffnung für die Zukunft
Die Klasse 8b platzt aus allen Nähten. Wo sonst 40 Kindern unterrichtet werden, sind es jetzt über 100. Mehr als 2.000 Schülerinnen und Schüler müssen sich in der Schule von Dubuluk 314 Tische teilen. Durch das nahegelegene Auffanglager ist die Zahl der Schulkinder geradezu explodiert. Die jüngsten Kinder werden zwar mittlerweile direkt im Camp unterrichtet, aber allein die Zahl der Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen zwingt die Schule dazu, in zwei Schichten unterrichten zu müssen.
Der Lehrer Guyatu Alemayehu, 26, berichtet uns, dass sich die Situation an der Schule im letzten Jahr dramatisch verschlechtert hat: „Wenn sich vier oder fünf Kinder an einem Tisch drängen, stören sie sich natürlich gegenseitig. Es ist gar nicht mehr möglich, die Aufgaben aller Kinder zu kontrollieren.“
Viele Jugendliche melden sich, als wir nach ihren persönlichen Erfahrungen fragen. Gelma Kuri ist 17 Jahre alt. Er lebt zusammen mit seiner Familie im nahegelegenen Auffanglager. Um seine Familie zu unterstützen, arbeitet er nach Schulschluss in einer Werkstatt und repariert Motorräder. Sein Heimatort Dambela liegt 60 Kilometer entfernt. 50 Kühe und 100 Ziegen besaß die Familie. Alle Tiere sind durch die Dürre gestorben. Zusammen mit seinen drei Brüdern hat Gelma früher die Herde gehütet. Jetzt muss die Familie ihre Existenz neu aufbauen, ohne Tiere. Bildung ist der Hoffnungsschimmer für ganz viele Kinder und Jugendliche. Auch für Gelma. Er möchte später Arzt werden.
Chaltu Boru ist 15 Jahre alt und hat früher mit ihrer Familie nicht weit entfernt auf der anderen Seite der Grenze in Kenia gelebt. Aber auch ihre Familie hat alle Tiere verloren, konnte die Schule in Kenia nicht mehr bezahlen. Jetzt lebt sie bei Verwandten in Dubuluk, lernt in der Schule – am liebsten Mathematik und Englisch – und hilft nach den Hausaufgaben ihrer Mutter.
„Die Dürre betrifft jeden“ sagt Elma Boru. Die 17-Jährige ist aus einem Dorf etwa 20 Kilometer entfernt in das Auffanglager gekommen. Ihr Vater ist gestorben und zusammen mit sechs Brüdern und drei Schwestern versucht sie sich mit ihrer Mutter ein neues Leben aufzubauen. Elma sammelt Feuerholz, holt Trinkwasser – und möchte ihren Schulabschluss in diesem Jahr machen. Das Camp, sagt sie, sei kein Zuhause.
Malich Yabello, 57, ist Elternbeirat. Acht eigene Kinder gehen hier zur Schule, und er sorgt für drei weitere Kinder seiner Verwandten. Wie sehr Bildung die Chancen im Leben beeinflusst, hat er am eigenen Leib erfahren: Nachdem sein eigener Vater früh starb, musste Malich Yabello die Schule nach der zweiten Klasse verlassen. Darunter leidet er bis heute. Seine Kinder sollen es besser haben. „Bildung ist die Basis für alles. Bildung kann unser Land verändern, kann die Welt verändern“, sagt Yabello.
Neben dem Unterricht ist die Schule für viele Kinder aber auch der Ort, an dem sie die einzige warme Mahlzeit des Tages bekommen. Spezielle Hilfsprogramme sollen das ermöglichen, doch es fehlt durch die stark gestiegene Zahl von Schülerinnen und Schülern an Geld und Unterstützung. „Viele Kinder kommen mit leerem Magen in die Schule – so können sie nicht lernen,“ sagt Lehrer Guyatu Alemayehu. Und fügt hinzu: „Wir hoffen auf die Unterstützung aller, denen Bildung am Herzen liegt. Ohne Hilfe werden die Probleme unsere Möglichkeiten übersteigen.“
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