Mosambik Reise-Tagebuch, Teil 1: Quissanga
"Wir dachten, es hört irgendwann auf – aber es hörte einfach nicht auf!"
Er war der stärkste Zyklon in der Geschichte Mosambiks. Als Kenneth am Abend des 25. April auf die Nord-Küste des Landes traf, war es die zweite Katastrophe innerhalb nur weniger Wochen. Zuvor hatte bereits der Zyklon Idai in der Mitte des Landes für Tod und Verwüstung gesorgt.
Durch Ihre Spenden konnten wir sehr schnell den betroffenen Kindern und Familien vor Ort helfen. 1,2 Mio. Euro kamen unmittelbar nach dem Zyklon zusammen, mit weiteren Spenden aus den letzten Jahren konnten wir sogar 2,5 Mio. Euro für Mosambik an UNICEF überweisen. Spenden, für die wir uns so sehr bedanken möchten.
Ihre Spenden waren die ersten, die vor Ort ankamen, eine großartige Unterstützung für die UNICEF-Mitarbeiter vor Ort. Mit meinem Vorstandskollegen Thomas Rebbe bin ich in die Krisenregion gereist - in den Norden in die Region Cabo Delgado und in die Mitte des Landes rund um die Stadt Beira - um uns ein Bild von der jetzigen Lage zu machen, und um zu sehen, wie Ihre Spenden vor Ort genutzt worden sind.
Wir fahren im Quissanga-Distrikt in das Siedlungs-Camp Tara-Tara. 147 Familien bauen sich hier ein neues Leben auf. Von der Regierung wurden sie aus tiefergelegenen, überschwemmungsgefährdeten Gebieten hierhin umgesiedelt. Wir besuchen einen so genannten „kinderfreundlichen Ort“. UNICEF stellt dafür Zelte auf, in denen Kinder betreut werden und psychosoziale Unterstützung bekommen.
Diese kinderfreundlichen Orte sind gerade in der Zeit nach einer Katastrophe sehr wichtig: Positive Erlebnisse helfen den Kindern, traumatische Situationen während der Zyklone zu verarbeiten. Die Betreuer sind speziell geschult, um die Kinder psychologisch unterstützen zu können.
Eine der ersten Aufgaben für UNICEF nach den Wirbelstürmen war die Wiederherstellung einer zuverlässigen Wasserversorgung. Das Wasser, das in Tara-Tara aus dem Wasserhahn kommt, stammt aus einem großen Wassertank. Zweimal täglich wird frisches Wasser per Lastwagen zur Siedlung gebracht. Trinkwasserqualität hat das Wasser allerdings nicht und muss mit Chlor gereinigt werden. Bis Ende November soll die Siedlung an eine Wasserleitung angeschlossen werden.
Wir treffen einige Bewohner von Tara-Tara, die uns ihre Geschichte erzählen. Da ist die zehnjährige Josefine. Zusammen mit ihrer Mutter Samia Victor (29) baut sie an ihrem neuen Zuhause. So wie jeder Neusiedler haben sie eine Fläche von 20 x 40 Metern – und Baumaterialien zur Verfügung gestellt bekommen. Jetzt drücken sie feuchten Lehm in die Zwischenräume des Rohbaus. „Der Wind war unglaublich heftig“, erzählt sie uns. „Wir haben uns in eine Schule geflüchtet. Hier in Tara-Tara fühle ich mich sicher.“
Auch Aurelio (59) und Gracind (54) erzählen uns ihre Geschichte. Ihre alte Heimat liegt nur wenige Kilometer von Tara-Tara entfernt. „Wir waren alle zuhause als das Wasser kam. Wir dachten, es hört irgendwann auf – aber es hörte einfach nicht auf!“ Sechs Wochen musste die Familie in einer Notunterkunft ausharren, jetzt können sie sich in Tara-Tara eine neue Zukunft aufbauen.
Mit dem Auto fahren wir weiter. Eine Brücke ist eingestürzt und wir müssen durch das trockene Flussbett fahren. Wenige Kilometer weiter treffen wir in dem Städtchen Quissanga auf eine große Menschenansammlung an einer Wasserstelle. Zahllose Eimer warten darauf mit Wasser gefüllt zu werden. Wir erfahren, dass über die zerstörte Brücke, an der wir eben vorbeigefahren sind, auch die Wasser-Pipeline ging. Auch sie wurde von den Wassermassen einfach weggeschwemmt. UNICEF hat in den Tagen nach der Katastrophe daran gearbeitet, die Pipeline über eine Länge von 27 Kilometern wiederherzustellen.
In den nächsten Monaten soll auch das Gesundheitszentrum, nur wenige hundert Meter von der Wasserstelle entfernt, an die Wasserversorgung angeschlossen sein. Auch dort läuft der Wiederaufbau auf Hochtouren. Die Schäden von Kenneth sind noch deutlich zu sehen. Die Dächer fehlen nach wie vor, die zerstörten Einrichtungsgegenstände lagern vor der Krankenstation. Die Patienten werden in provisorischen Zelten behandelt, die UNICEF zur Verfügung gestellt hat. 50 bis 60 Patienten werden hier täglich behandelt, erzählt uns der Arzt Dalizo Daka (28).
Kyano, sechs Monate alt, leidet an Malaria. Seine Mutter Muassire Chale kam rechtzeitig mit ihm in die Krankenstation, die Chancen stehen gut, dass ihr Sohn wieder vollständig gesund wird. Nach dem Zyklon hatten die Fälle von Malaria drastisch zugenommen. Durch stehende Gewässer nach den Überschwemmungen konnten sich die Malaria-Mücken rasant vermehren. UNICEF konnte mithilfe Ihrer Spenden die Gesundheitsversorgung wieder so aufbauen, dass die Malaria-Fälle nun wieder rückläufig sind.